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Interview mit Chris Hülsbeck
geführt von The Update

Turrican I bis III, Apydia, The Secret Of Monkey Island I - wer einen Amiga hatte, sollte mit diesen Titeln etwas anfangen können. Und der kennt dann auch, wenn auch nicht unbedingt bewußt, den Musiker, um den es hier geht: Chris Hülsbeck. Mit dem Tod des Amiga (ja, ich sage das, auch wenn ich selbst noch drei Stück habe) wurde er natürlich nicht inaktiv. Aber die darauf folgenden Titel, insbesondere die Konsolentitel, erlangten im Bereich der Demoszene nie die Bekanntheit, die ihm neben seinen musikalischen Fertigkeiten sein Musikformat TFMX einbrachte. So konnte es dem Amiga z.B. sieben Stimmen an Stelle der vier in Hardware möglichen entlocken. Warum ausgerechnet sieben? Weil der Amiga 500 mit seiner 68000er CPU (die übrigens auch auf der GUS zu finden ist) nicht genug Leistung mitbrachte, um sich im Hintergrund noch um interpolierende Soundroutinen zu kümmern. Und so wurden einfach vier Spuren direkt auf eine gemischt, wozu sich z.B. Strings eigneten, und die anderen drei Kanäle noch mit voller Qualität zur Verfügung standen...

Im Studio Chris Hülsbeck

Malte: Wie war Deine erste Begegnung mit einem Tracker?

Chris: Ich habe mit dem Soundmonitor auf dem C64 eigentlich den Urvater aller Tracker erfunden. Irgendwann habe ich den ersten Soundtracker auf dem Amiga gesehen, der von Karsten Obarski entwickelt wurde. Ich dachte zuerst noch daran, ihn zu verklagen, weil ich viele Ideen vom Soundmonitor wiedererkannt habe. Aber ich war noch viel zu jung, um mich mit sowas ernsthaft auseinanderzusetzen.

Malte: Wie kam es zur Entwicklung von TFMX?

Chris: Eigentlich entwickelte ich bereits auf dem C64 eine Version des TFMX, den ich aber nur für meine eigenen Spielvertonungen bei Rainbow Arts eingesetzt habe. Die Grundidee hinter TFMX ist eine Art Soundprogrammiersprache. Bei jeder Note wird ein kleines Programm gestartet, das den Ton bearbeitet. Die Flexibilität ist so deutlich größer, als wenn man mit festgelegten Parametern einen Sound definiert. Ich habe später versucht, das System patentieren zu lassen, aber da war es schon zu spät. Mit der Veröffentlichung von TFMX habe ich das leider gründlich verhindert. Merke: Wenn Du eine gute Idee hast, versuche es "erst" patentieren zu lassen, bevor Du es vermarktest... ;)

Malte: Nervt es Dich eigentlich, daß Dein Name immer noch mit TFMX in Verbindung gebracht wird, obwohl es nie wirklich fertig gestellt oder gar veröffentlicht wurde?

Chris: Wir wurden damals von der Softwarefirma übers Ohr gehauen, die das Programm auf den Markt gebracht hatte. Es gab riesen Streitereien, und deshalb konnten wir nicht mehr an dem Programm weiterarbeiten. Mir tat das alles sehr leid und ich würde vieles anders machen, wenn ich die Uhr nochmal zurückdrehen könnte.

Malte: Mit welcher Software schreibst Du heute Musik? Was für Vorteile hat sie gegenüber Trackern?

Chris: Mein neustes Soundtool heißt "MusyX" und ist eigentlich eine konsequente Weiterentwicklung des TFMX Konzepts. Allerdings kann man jetzt seine Tracks in professionellen Midisequenzern einspielen, und muss nicht mehr Hexzahlen eintippen. Ich habe an dem Programm mit Hilfe von Factor 5 und Freunden über 5 Jahre gearbeitet, und wir haben es vor einiger Zeit an Nintendo lizensiert. Wer also damit arbeiten will, muss Nintendo Entwickler sein.

Malte: Haben Tracker und Module noch eine Bedeutung bei Computerspielen?

Chris: Bei Cartridge Geräten wie dem Nintendo 64 und Gameboy stellt sich die Frage eigentlich nicht. Um da einen guten Sound zu erstellen, muss man auf "programmierte Musik" zurückgreifen. Ob das "Trackerformat" selbst aber eine Zukunft hat, wage ich zu bezweifeln. Dazu ist das System inzwischen etwas veraltet.

Malte: Glaubst Du, daß Module im zuge fortschreitender Kompressionsverfahren noch eine Zukunft als Musikformat haben?

Chris: Für mich ist ein Modul (nicht zu verwechseln mit einem "Mod") ja nur eine Ansammlung von zusammengehörigen Sound- und Songdaten. Programmierte Tracks haben viele Vorteile, wie zum Beispiel Interaktivität. Man kann einen solchen Song beispielsweise einfach schneller werden lassen, ohne dass sich die Tonhöhe verändert. Sowas kann man mit CD Tracks oder komprimierten Stücken nicht machen. Es lassen sich auch einzelne Spuren im Stück an- und abschalten, um sich dem Spielverlauf weiter anzupassen. Solche Methoden stehen im Moment hoch im Kurs als Alternative zu starren CD-Tracks.

Chris Hülsbeck: Composer / Sound designer
Official webpage: www.huelsbeck.com
My Game Music CD label: www.synsoniq.com
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